AM14 –
Brief an
Walter Gropius
Toblach
,
Montag, 8. August 1910
Montag
Mein Lieb
ist hier – sie ist gestern gekommen und alles wurde wieder frisch und herzzerreißend – so wie ich es vorher wusste. – Rathen kann einem da niemand – nur das \eigene/ Herz. Dieses nur ist komisch. –
ist ganz anders geworden. Er verfolgt mich nicht mehr mit seiner Sinnlichkeit – und da ist es zu ertragen – bis auf Weiteres. Deine unsagbare Liebheit trage ich immer mit mir. – Die Welt ist Millionenmal so schön, weil ich Dich – habe[.] —
Was sage ich – jetzt erst sehe ich überhaupt ihre Schönheit[.] –
Wenn wir uns wiedersehen[,] müssen wir 2 gesunde, starke Menschen sein[.] – Habe keine Angst. Soviel Leid muss ein Herz schwächen – aber Glück lässt es sofort stark und voll schlagen. Erinnerst Du Dich – wie
in Tobelbad jeden Tag erstaunt war – über meinen immer besser
werdenden Puls. Bei den Nächten!! – Bei unsern himmlischen Nächten – die Du – Du – ganz allein gestaltet hast[.] –
Wie liebe ich Dich und Deine Körperlichkeit. Du Wunderschöner[,] Du! – Ich liebe Deine , weil sie Dich – so – hervorgebracht hat. – Wenn ich ihr doch nur einmal nahen dürfte.
Mein – heute ist der erste Tag – an – dem in sein kleines Arbeitshaus gegangen ist – wir fühlen es alle – als eine große Freude. – Vielleicht wird alles gut – aber mit Dir. Ohne Dich – ist die Welt für mich wieder das, was sie vorher war – nämlich ein hohler[,] leerer – dumpfer Sack – in dem es sich nicht
lohnte[,] zu existieren. –
Ich lese in :„Die Geliebte:
„DiE GELiEBTE SCHEiNT UNS ZU GEHÖREN, WEiL NUR WiR SiE GLÜCKLiCH MACHEN KÖNNEN. – “
Du hattest das unterstrichen[.] – Ja[,] – sie gehört Dir – weil nur Du sie beglücken kannst. Ohne jede Erfahrung weiß ich das. –
Schreibe[,] mein Lieb[,]
Deiner
Apparat
Überlieferung
, , , , , .
Quellenbeschreibung
1 DBl. (4 b. S.) u. 1 Bl. (2 b. S.) – Briefpapier mit Aufdruck: „REGINA-PALAST-HOTEL | MÜNCHEN | MAXIMILIANSPLATZ.“ (durchgestrichen) (); Blattzählung (Editionsrichtlinien) ().
Beilagen
Umschlag, , – Neubabelsberg bei Berlin | Stahnsdorferstraße 83 | Herrn Walter Gropius; PSt. (lt. , S. 531, Nr. 112): TOBLACH 2 | 8 | 8 | 1 N | 10 | c; von WG mit einer 3 versehen (Zur Nummerierung von Alma Mahlers Briefumschlägen); Aufdruck: „REGINA-PALAST-HOTEL | MÜNCHEN.“; fremdschr. Datierungsversuch nach Übergabe an : „[8.8.1910]“.
Druck
, S. 109, Anm. 61, S. 110, bei Anm. 66 und Anm. 67 (Auszüge), , S. 41, Anm. 106 und S. 42, bei Anm. 111 (Auszüge), , S. 872, bei Anm. 216 und 217 (Auszüge in engl. Übersetzung), , S. 11, bei Anm. 17 (Auszüge), , S. 11, bei Anm. 17 (Auszüge in engl. Übersetzung).
Korrespondenzstellen
Antwort auf WG37 vom 6. August 1910 (Wenn er \Dich/ wieder mit seiner Liebe zu sehr martert, was ich nun nicht mehr glaube so sprich darüber ganz offen mit ihm): G.[ustav] ist ganz anders geworden. Er verfolgt mich nicht mehr mit seiner Sinnlichkeit – und da ist es zu ertragen – bis auf Weiteres, WG38 vom 6. oder 7. August 1910 (Versuche daß er wieder arbeitet solche Zeiten schaffen oft die größten Kunstwerke): heute ist der erste Tag[,] an dem Gustav in sein kleines Arbeitshaus gegangen ist. Beantwortet durch WG43 vom 9. bis 11. August 1910 (Blockschriftkritik […] Ich bewundere wie gut Du die Blockschrift schreibst, […] Du solltest noch mehr vereinfachen, […] ungefähr so ALMA MARIA MAHLER UND WALTER GROPIUS LIEBEN SICH): ALMA MARIA MAHLER UND WALTER GROPIUS LIEBEN SICH.
Datierung
Schreib- und Absendedatum: „8.[8].1910“ (, S. 109, Anm. 61 und S. 110, Anm. 66 sowie , S. 42, Anm. 111 und 112 sowie S. 309), Übernahme dieser Datierung bei , S. 872, Anm. 216 und 217, irrtümliche Zuordnung eines Auszugs aus AM13 bei , S. 872, Anm. 215 sowie irrtümlich „postmarked 10 Aug.“ (, S. 872, Anm. 216), „‚Montag‘, 8. [August] 1910 (Poststempel)“ (, S. 11, Anm. 17), „‚Montag‘ [Monday], 8 [August] 1910 (postmark)“ (, S. 11, Anm. 17).
Datiert durch AM und Poststempel: Montag, 8. August 1910.
Themenkommentare
Übertragung/Mitarbeit
(Samuel Kübler)
(Jannik Franz)
Kölle – Dr. med. , Leiter des Wildbad Sanatoriums Tobelbad (, S. 4 und , S. 4).
Arbeitshaus – Rückzugsort in den Sommermonaten der Jahre 1908 bis 1910, um sich neben seiner Tätigkeit als Dirigent und Operndirektor ungestört dem Komponieren zu widmen, s. Themenkommentare: Gustav Mahlers Komponierhäuschen und Gustav Mahlers Zehnte Symphonie .
Stendhal – zitierte aus der deutschen Übersetzung (1903) von (De l’Amour, 1822), erstes Buch, elftes Kapitel. In Bibliothek stand die durch übersetzte zweite Auflage von 1907 aus dem Verlag zu Jena mit vielen „pencil and ink marginal markings“ (, S. 99). Die kalligrafische Schriftart für das Zitat verwendete auch in AM8 vom 25. Juli 1910: WiR – WiR. Wahrscheinlich hatte ihr ein Exemplar des Buches in Toblach überlassen.
Dreifach unterstrichen.